Babytragen

Ein Baby zu tragen dient nicht nur der Fortbewegung. Es hat sich ja mittlerweile herumgesprochen und ist auch wissenschaftlich belegt, dass das Tragen von Babys und Kleinkindern sehr gut ist für die Bindung zwischen Mutter und Kind (oder besser zwischen Träger/in und Kind). Auch hört man mittlerweile oft: „Der Mensch ist ein Tragling“. Was hat es damit auf sich?

Beim Tragen werden die Grundbedürfnisse des Babys nach Nähe, Wärme und Geborgenheit gestillt. So kann das Kind ein Urvertrauen aufbauen und dieses legt den Grundstein für ein späteres Selbstvertrauen. Außerdem wird seine Entwicklung dadurch gefördert, dass die Sinne beim Tragen durch verschiedenste Reize ständig stimuliert werden und sich so ständig neue Nervenleitungen im Gehirn bilden und festigen können. Auch der Gleichgewichtssinn wird durch das Tragen trainiert. Ein weiterer grundsätzlicher Vorteil von Tragehilfen jeder Art ist es, dass man dabei beide Hände frei hat und trotz Baby die meisten Dinge im Haushalt erledigen kann. Auch Spaziergänge in unwegsamen Gelände (über eine Wiese o.ä.) sind mit einer Trage im Gegensatz zum Kinderwagen sehr gut möglich.

Ich selbst habe meine drei Kinder alle sehr viel und sehr gerne in verschiedenen Tragehilfen herumgetragen. Da meine Großen nur 1,5 Jahre auseinander sind, gab es auch eine kurze Zeit, in der ich mir beide umgeschnallt habe. Das habe ich dann aber nicht lange durchgehalten 😉 Mein Jüngster war sehr früh sehr aktiv und wollte lieber selbst die Welt erkunden, deswegen hielt sich bei ihm die Tragezeit in Grenzen. Trotzdem habe ich die Babyzeit mit Tragehilfe und Tragetuch sehr genossen.

Ich möchte dir hier einen kleinen Überblick über die verschiedenen Tragemöglichkeiten und die wichtigsten Fachbegriffe geben, um dir die Entscheidung für die für Dich optimale Tragehilfe zu erleichtern.

KOMFORTTRAGEN:

Der Überbegriff „Komforttrage“, der oft zu lesen ist, bezeichnet alle Tragen, die ohne binden, also nur mit Schnallen oder anderen Verschlußsystemen anzulegen sind. Der Begriff suggeriert zwar, dass die Trage besonders bequem ist, soll aber eigentlich bedeuten, dass sie einfach zu handhaben ist. Es gibt hier einen vorgeformten, etwas festeren Teil, in dem das Baby sitzt, an dem die Bauch- und Schultergurte befestigt sind, die auf verschiedene Weise geschlossen werden können. Manchmal liest man in diesem Zusammenhang auch den Begriff „Rucksacktrage“ oder „im Rucksack-Stil“.

Zu den Komforttragen gehören:

FULLBUCKLE (Vollschnallen-Trage): Hier werden Hüft- und Schultergurte mit Schnallen geschlossen, es muss nichts gebunden werden.

ONBU: eigentlich Onbuhimo, so wird eine Rückentrage ohne Hüftgurt bezeichnet. Sie eignet sich für Kinder, die schon selbstständig sitzen können. Ist schnell an und aus- zu ziehen und es drückt kein Bauchgurt (sehr gut zum Beispiel für schwangere Mamas)

MEI-TAI:

Die andere Art der Babytragen sind Mei-Tais: Bei dieser Art werden die Hüft- und Schultergurte gebunden. Man kann diese Art der Tragen als Mischform zwischen Tragetuch und Komforttrage sehen. Der Tragesack ist bei einer Mai-Tai nicht vorgeformt und verstärkt, sondern gleicht eher einem rechteckigen Stück Stoff, an dem die Träger festgenäht sind. Mai-Tais sind im Gegensatz zu Komforttragen aus elastischem Stoff (Tragetuchstoff) hergestellt, der sich flexibel und weich an den Körper des Trägers anpasst.

HALF-BUCKLE: Ein Zwischending zwischen klassischen Komforttragen und echten Mai-Tais sind die Halbschnallen-Tragen. Es gibt einen Hüftgurt, der mit einer Schnalle oder einem Klettverschluß schnell zu öffnen und zu schließen ist, die Schultergurte sind zum Binden wie bei einem Tragetuch.

WrapCon: eigentlich Wrap Conversion, so wird eine Halfbuckle-Trage bezeichnet, deren Schulterträger zwar auch zu binden sind, die man aber aber breit auffächern kann. Hier sind die Schulterträger nicht gepolstert, sondern aus einer auffächerbaren Lage Stoff. Durch das Auffächern verteilt sich das Gewicht des Babies sehr gut auf den Schultern, ähnlich wie bei einem Tragetuch

TRAGETÜCHER:

Gibt es in Längen von ca. 2,50m bis ca. 5,20m, unterschiedliche Bindeweisen und unterschiedliche Größe und Statur des Trägers erfordern unterschiedliche Tuchlängen. Mit einem Tuch in einer Länge von 4,60m oder 4,70m bist du aber für die meisten Varianten sehr gut beraten (außer du bist sehr groß oder sehr klein). Man sollte sich auf jeden Fall vor der Anschaffung mit den Bindemöglichkeiten auseinandergesetzt haben und vielleicht eine Trageberatung besucht haben. Grundsätzlich kannst du dein Baby mit einem Tuch auf der Hüfte, am Bauch oder am Rücken tragen.

Es gibt elastische Tragetücher oder gewebte Tragetücher. Die elastischen sind nur für Kinder bis maximal 9-10 kg möglich, da sie bei höherem Gewicht zu sehr nachgeben. Außerdem sind hier nicht alle Wickelarten möglich. Ein Vorteil der elastischen Tücher ist, dass diese vorgebunden werden können, und so nicht jedes Mal neu gebunden werden müssen.

Für die ersten Wochen des Babies ist zum Beispiel das Manduca sling perfekt geeignet. Später eignet sich auch das Didymos Tragetuch jersey.

Gewebte Tragetücher sind fest, haltbar und in Querrichtung minimal elastisch, sie stützen dein Kind optimal und du kannst alle Bindetechniken durchführen, die zur Länge des Tuches passen. Zum Beispiel Didymos Tragetuch oder Amazonas Tragetuch.

SONDERFORMEN von Tragehilfen:

Ringsling: Tragetuch mit Ring zum „durchschlingen“. Hier sitzt das Kind auf der Hüfte. Dieses Tuch eignet sich eher für kürzere Tragezeit

Vorteile: kleines Packmaß, leicht anzulegen, leicht anpassbar auf Kind und Träger

Nachteile: Das Gewicht des Kindes lastet nur auf einer Schulter.

Babytuch: Relativ neu ist das Babytuch, ein Tragetuch ohne Knoten. Es ist fertig genäht, man muss es sich nur umhängen und sein Baby hineinsetzen. Teilweise braucht man zwei Tücher, um bestimmte Sitzpositionen des Kindes zu gewährleisten. Und je nach Statur des Trägers und des Kindes ist das Tuch in 12 verschiedenen Größen erhältlich.

Hier eine kurze Zusammenfassung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Hauptkategorien:

Babytragen:

Vorteile:
-Anlegen erfordert wenig Übung, einmal eingestellt geht das Anlegen sehr schnell

-bei guten Tragen ist die Anhock-Spreiz-Stellung gewährleistet

-durch die vorgeformte „Sitzschale“ wird der runde Rücken des Babies gewährleistet,

-bei vielen Tragen ist der Steg in der Mitte sowie das Rückenteil an die Größe des Babies anpassbar, um einen optimale Sitz zu ermöglichen

Nachteile:

-bei wechselnden Trägern muss das Tragesystem jedes Mal neu eingestellt werden, was teilweise bei sehr vielen Schnallen erfolgen muss

-bei einigen Tragen sind die Schnallen nicht so leicht zu erreichen und man muss ein bisschen gelenkig sein

-Teilweise braucht man verschiedene Tragen für das jeweilige Alter des Kindes

Tragetücher:

Vorteile:

-sehr variabel im Einsatz

-geringeres Packmaß als Babytragen

-keine drückenden Schnallen

Nachteile:

-etwas umständlich beim Anlegen,

-erfordert etwas Übung

-Knoten können drücken wenn sie falsch gebunden sind

-eventuell hängen die Enden des Tuches zu lange herunter

Soviel zu den unterschiedlichen Tragesystemen. Darüber hinaus gibt es noch einige wichtige Auswahlkriterien, auf die Du achten solltest, egal für welches System Du Dich entscheidest.

Sitzhaltung:

Eines der wichtigsten Kriterien zur Auswahl der richtigen Tragehilfe ist mit Sicherheit die anatomisch richtige Sitzhaltung für das Baby. Diese wird häufig als „Anhock-Spreiz-Stellung“ oder auch als „M—Position“ bezeichnet. Der Po des Kindes bildet mit den Knien ein „M“. Die Knie sind breit angewinkelt und der Po ist tiefer als die Oberschenkel. Diese Position ist sehr wichtig für die richtige Ausbildung des Hüftgelenkes und wird durch einen in der Breite auf die Kindsgröße anpassbaren Steg unterstützt. Idealerweise lässt sich dieser Steg stufenlos verstellen.

Auch sehr wichtig für die gesunde Körperhaltung des Kindes ist Ausformung des Tragesackes. Der Rücken des Kindes sollte möglichst in der natürlichen C-Form bleiben, also nicht ins Hohlkreuz oder zu einem geraden Rücken gezwungen werden. Bei Mei-Tais und Tüchern wird dies durch die korrekte Bindeform gewährleistet. Bei Bkomforttragen muss der Tragesack bereits die richtige Rundung für die Wirbelsäule des Kindes berücksichtigen.

Daneben ist auch eine Unterstützung des Kopfes gerade bei Neugeborenen sehr wichtig, da bei ihnen die Nacken- und Halsmuskulatur noch nicht ausgeprägt ist.

Schulterträger:

Bei allen Tragen lastet das größte Kindsgewicht auf den Schultern des Trägers, deshalb bieten gepolsterte, breite Schulterträger mehr Komfort vor allem bei längerem Tragen.

Hüftgurt:

Auch dieser ist um so komfortabler, um so breiter und gepolsterter er ausfällt. Er sollte das Gewicht des Kindes gleichmäßig auf Hüfte und Leiste verteilen. Achte auch auf die angegebene Länge des Hüftgurtes. Falls er zu kurz ausfällt, gibt es bei einigen Modellen die Möglichkeit, eine Verlängerung dazu zu kaufen. Allerdings ist das möglichst zu vermeiden, da dies wieder mit Schnallen oder Verbindungsteilen einher geht, die eventuell drücken können.

Das Handling:

Wie einfach lässt sich das Tragesystem um- und abschnallen? Generell sind Vollschnallensysteme am schnellsten am Träger zu befestigen. Bei Halbschnallensystemen muss zumindest ein Teil noch per Hand gebunden werden und bei Tragetüchern muss mit der richtigen Technik gewickelt und geknotet werden. Allerdings ist alles Übungssache und wird von Träger zu Träger unterschiedlich bewertet. Wenn mehrere Personen mit unterschiedlicher Statur die Trage nutzen wollen, sollte man darauf achten, dass sich die Schnallen leicht verstellen lassen, wird das Kind immer nur von der selben Person getragen, so muss die Schnallenverstellung nicht so einfach gehen, da die Träger alle einmal auf die richtige Länge eingestellt werden und dann so bleiben können. Bei der Frage nach dem Handling muss man also auf die geplanten Anwendung Rücksicht nehmen. Je mehr Schnallen das Tragesystem hat, um so uneffektiver ist es bei mehreren Trägern unterschiedlicher Körpergröße und Statur.

Trageposition:

Auch sollte man sich überlegen, welche Trageposition man sich vorstellen kann. Soll das Kind vor dem Bauch, auf der Hüfte oder auf dem Rücken getragen werden? Falls durch körperliche/gesundheitliche Einschränkungen des Trägers eine Position ausfällt, ist man in der Auswahl etwas eingeschränkt.

Lass dich nicht verrückt machen, wenn Du extreme Pro- oder Kontra-Meinungen hörst oder liest. Jedes Tragesystem hat seine Anhänger, die die eigene Meinung als allgemeingültig ansehen. Letztendlich zählt aber, mit welcher Trage man sich wohl fühlt und bei welcher man das Gefühl hat, dass sein Kind gut geschützt und angenehm sitzen kann. Deshalb führt am Testen mehrerer Tragesysteme (möglichst in Alltagssituationen und nicht nur in einem Geschäft) kein Weg vorbei.

FAZIT: ich bin ein großer Fan vom Tragen, habe sowohl Tragetücher, als auch Babytragen ausprobiert. Für mich war das Tragetuch vor allem im Babyalter perfekt, ab einer bestimmten Größe und Beweglichkeit des Kindes fand ich dann aber eine Trage besser. In meinem Fall war es eine Fullbuckle-Trage, da ich die einzige war, die diese Trage genutzt hat, sie musste also nicht ständig auf einen neuen Träger umgestellt werden.